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--> in English Das Schlafexperiment Öffentliche Selbsterkenntnis im Schlaf (Festenberg, N. v. ;Journ. of Selfev., Feb. 2001, 14, S. 33, New Jersey, dt. Fs.) 1. Einleitung Es wäre
interessant zu wissen, wie das Schlafverhalten von der Tagesdauer abhängt. Dazu
müsste man sehr fleissig seine Einschlaf- und Aufstehzeiten aufschreiben,
idealerweise noch mit einer subjektiven Bewertung des täglichen Vigilanzlevels.
In der Dunkelzeit
erforderte das sehr viel Disziplin. Ich vermute sogar soviel, dass davon die
ganze Person befangen würde. Man würde unter den Höllenqualen der
Zwanghaftigkeit zu leiden haben. Letztlich würde man dann nur immer die
gleichen, uhrwerksartigen und extrem langweiligen Schlafgewohnheiten
feststellen, völlig unberirrbar von der Aussenwelt. Obwohl man ja schon nach
einer Nacht sehr verlässliche Werte hätte. Eine Beobachtungsnacht würde
vollkommen genügen. Auf disesem
Wege ist also nichts herauszubekommen. Anders dagegen in Mitteleuropa. Letztes Frühjahr gelang eine ca. 60tägige kontinuierliche Beobachtung. Ziel war es, Phasen der Hyperaktivität zu orten, und sie so mittels bestimmter Anzeiger vorhersagbar zu machen. 2.
Material und Methoden
Die Methoden mussten den primitiven Möglichkeiten der Schlafstatt angepasst werden. Herkömmliche Schlafschreiber waren bei zumutbaren Aufwand nicht verfügbar. Nach einigen dimensionalen Analysen entschied
man sich für ein Buch, einen Stift und eine sehr genaue Uhr (Sekunden) als
Werkzeug. Das Buch diente als portable Datenbank, der Stift als Datenschreiber.
Die Uhr erfordert im Umgang etwas Erfahrung. Der direkten optischen Ablesung
wurde letztendlich der Vorzug gegeben, trotz Gefahr des Zahlenvertauschens. An sog. Weckertagen konnte die
morgendliche Zeit offenkundig sehr präzise festgestellt werden. An sog. Loisir-Tagen musste der kontinuierliche Prozess des
Erwachens diskretisiert werden. Als Basispunkt wurde der Aufschlag des ersten
Tropfens Morgenurin auf dem WC-Porzellan gewählt. Diese Zeit minus fünf Minuten
galt dann als Morgenwert. Abb. 1 : Versuchsaufbau: 1 Schlafstatt, 2 Stehlampe, 3 sehr präzise Uhr synchronisiert mit 4, die ebenfalls eine sehr präzise Uhr ist, 5 portabler Stift, 6 Datenbank (Buch), ebenfalls portabel Da das Einschlafen grundsätzlich einem
Loisir-Prozess ähnelt, musste hier ein spezieller Algorithmus angewandt
werden. Testler (1998) nannte dazu die
heute als Testlersche Lampenrechnung bezeichnete Methode: möglichst kurz bevor
das Licht erlöscht, wird die Zeit abgelesen. Dann wird eine persönliche
Konstante addiert (typischerweise und hinreichend genau 10.0 min, auch in
dieser Arbeit angenommen). Das Ergebnis dieser Berechnung wird zügig in der
Datenbank abgelegt. Im Idealfall erlischt das Licht direkt im Anschluss, sodass
man gemäss der Personalkonstante einschlafen kann. Abb. 1 zeigt den Versuchaufbau. 3. Ergebnisse Abb. 2 zeigt die gemessenen Zeitpunkte des
täglichen Bewusstseinsphasenüberganges. Um die Wachzeiten eines Tages
vergleichen zu können wurde zu Uhrzeiten nach Mitternacht 24 addiert. Die mittlere Aufstehzeit lautet demnach 8:43
Uhr, um 1:22 Uhr wurde am wahrscheinlichsten ins Bett gegangen. Abb.2: Einsteh- und Aufgehzeiten Abb.3 zeigt die Differenz von Abend- und Morgenzeit, äquivalent zur
Tagesdauer. Ausserdem sind noch 7-Tages- und 30-Tagesmittel dargestellt. Die
durchschnittliche Wachperiode betrug hiernach 16 Stunden und 39 Minuten
(Extrema 21:48h und 10:03h), wobei die Standardabweichung 2 Stunden und 23
Minuten betrug. Abb. 3: Tagesdauern 4.
Diskussion
Auf den ersten Blick fällt die hohe Streuweite
der Tagesdauern auf. . Eine Standardabweichung von fast zweieinhalb
Stunden enthüllt das Studentenleben als
unstet. In Verbindung mit den absoluten Zeiten kann man dem Studenten sogar
statistische Gemütlichkeit und kurzentschlossenes, langes Wachbleiben
nachweisen. Aufsteh- und Einschlafzeiten eines Tages sind praktisch nicht
korreliert, der Korrelationskoeefizient beträgt nur 0.036. Vergleicht man aber
die Aufstehzeit mit der Bettgehzeit des vorherigen Tages, beträgt der Korrelationskoeffizient
deutliche 0.79. Eine mathematische Hoffnug dieser Arbeit war, diskrete Maxima im
Frequenzraum der Tagesdauer zu finden (Abb.4). Es zeigt allerdings keine deutlich bevorzugten
Perioden. Ein schwacher 7 Tagerythmus (Frequenz gleich
0.28) scheint vorhanden, sowie ein recht kecker, etwa viertägiger (f=0.45)
Rhythmus. Signifikante Ergebnisse sind auf diesem Weg aber offensichtlich nicht
zu erlangen. Abb. 4. Frequenzen der Tagesdauern (Frequenzen
in 0.5/Tage) Das 7-tägige Gleitmittel (Abb.3) lässt rein optisch eine zweimonatige
Schwingung vermuten. Das
30-Tage-Mittel Enthält offenbar einen leicht Abwärtstrend. Möglicherweise
spielt der beginnende Sommerlenz eine Rolle. Zusammenfassend schätzt der Autor den den Wert
der durchschnittlichen Tagesdauer von 16 Stunden und 39 Minuten (bzw. die Schlafdauer
von 7:21h) als am wesentlichsten ein. 5. Ausblick Die Ergebnisse sind vielversprechend und es
ist anzustreben, mehr Geld und Bemühung in Forschung auf diesem Gebiet zu stecken. Speziell wäre ein verallgemeinerter
Formalismus zur Handhabung von Loisir-Prozessen wünschenswert. 6. Literatur
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