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Spitzbergen Report Nr. 11
21. Juni 2002
Schneeschmelze und Abschied
Sogar in der Arktis kommt irgendwann der Sommer, bzw. eine Zeit in der Schnee im Mittel nicht mehr mehr wird.
Eines Sonntags plötzlich begann es überall zu tröpfeln, zu plätschern und schliesslich auch zu fliessen.
Vorher standen aber noch einige letzte Schneeaktivitäten auf dem Programm.
Zum Beispiel die Hundeschlittentour, die Regines Schwester Dagmar uns ermöglicht hatte. In strahlendem
Sonnenschein fuhren wir unter Anleitung von Ellen mit je vier Hunden (namens unter anderem Saddam und Ali)
durch Bolterdalen. Die ganzheitliche Erfahrung abrundend durften wir schöne Hundefellmützen tragen.
Die Ganzheitlichkeit gipfelte in Verbrüderungs- und vollständigen Identifikationsszenen.
Der Alaska-Husky Baccus soll aber lieber in Ruhe gelassen werden. Mit dem Wein kann kein
Phototermin konkurrieren.
Auf dem Rückweg von der Ostküste ist der Schnee auf dem Rabotgletscher schon unheimlich
braun geworden. Sogar der Atem des spitzbergischen Winters währt nicht ewig. Ein echter Schock
nach mehr als sieben Monaten zweifelsfreier Schneebedeckung.
Die immer höher steigende Sonne verändert nicht nur direkt die Lichtverhältnisse,
sondern sie begünstigt auch indirekt Wolken und Winde, die im echten Winter nicht auftreten.
Dadurch wird der gewöhnliche Blick aus Adventdalen Richtung Longyearbyen
(schwach zur Linken) entfremdet. Malte und sein Schneemobil entrücken.
Dieser Scooter musste die Schneeschmelze nicht mehr miterleben. Eine ungelöste Handbremse
liess das Mobil Feuer fangen und in Flammen aufgehen. Dieses Foto entstand einen Tag nach dessen
Eintritt in die ewigen Scooterjagdgründe. Die Verbrennungshitze liess das Skelett in den Schnee
einsinken. Das Schmelzloch wurde sofort mit Triebschnee verfüllt.
In Colesbukta erblickte ich das erste Mal wieder ungefrorenen Meeresschlick. Nur am Ende der
Flutküstenlinie hält sich noch Ankereis. Im Meer regt sich schon wieder das Leben.
Norwegischer als am 17. Mai geht es in Norwegen wohl nicht zu. Die Norweger tragen alle ihren Bunad und
modische Variationen ihrer Nationalflagge. Der Kinderzirkus führte auch etwas vor,
wie auch ich mit Feuer.
Im Schein der Mitternachtssonne grillt und feiert es sich ganz hervorragend.
Noch sitzend sieht man Ingeborg (Norwegen), Aili (Grönland), Marianne (Norwegen) und
Stefan und Niels aus Süddeutschland.
Alan (Grossbritannien) und Rüdiger (Sachsen) gehen hier eigene Wege der Improvisationskunst.
Mari aus Finnland nimmt es eher gelassen.
Dessen ungerührt hat der Schnee schon seinen Schwanengesang angestimmt. Seltsamerweise
beginnt er schon bei Temperaturen knapp unter Null zu tauen. Er schmilzt aber nicht,
sondern er verschwindet spurlos. Zurück bleibt, wie hier zu sehen, ein merkwürdiges Gerüst aus porösem und
sofort zerfallendem Eis.
Doch die Temperaturen steigen weiter und schliesslich findet man auch flüssiges Wasser.
Aber schon bald darauf kommt wieder der karge Boden zum Vorschein. Im Vordergrund kann
man zarte Steinbrech-Blümchen entdecken.
Das milde Frühlingswetter lockt auch die Biergarten- und Brotzeitkultur wieder hervor.
Hier zu sehen Malte mit sauber gewichstem Bart an der Flanke von Gruvefjellet.
In frühlingshaftem Überschwang fühlt man sich sogar schon zum Bade im Fjord geneigt.
Aber das ist dann doch ein bischen vorschnell.
Im Hintergrund ist übrigens Lance zu sehen.
Es ist das gleiche Schiff, dass mit uns in die Grönlandsee gefahren ist.
Und mit diesem dynamischen Bild schliesse ich meine laufende Berichterstattung aus Spitzbergen
nun ab, denn schon in zwei Wochen werde ich diese irrwitizige Insel verlassen.
Vielen Dank für das freundliche Interesse, das den zehn bisherigen Reports entgegengebracht wurde (und vielleicht auch diesem),
es hat mir viel Freude gemacht, sie zu schreiben und zusammenzubauen.
Bis bald einmal in der echten Welt,
Euer Niels.
P.S.: Wer immer noch nicht genug hat, kann sich noch den
Epilog ansehen, der meine Rückreise und
erste Schritte der Resozialisierung umfasst.
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aktualisiert am 8. September 2002
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